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Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen- was ist zulässig?

  • carolinebiel
  • 20. Nov. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Im Zuge der 12. Klauselentscheidung zu 2 Ob 36/23t hat sich der OGH mit der Zulässigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen in Verbraucherverträgen auseinandergesetzt. Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs könnte sich ganz erheblich auf Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen auswirken – und zwar auch rückwirkend.


Die inflationsbedingte Anpassung der Mieten ist in Österreich ist aktuell aufgrund der hohen Inflation Gegenstand unzähliger interessenpolitischer Diskussionen. Gerade vor diesem Hintergrund wirkt die 12. Klauselentscheidung des OGH vom 21.03.2023 zu 2Ob36/23t wie ein Paukenschlag, könnte sie doch eine in vielen Vertragsmustern verbreitete Wertsicherungsklausel im Verbrauchervertrag als unzulässig aufheben. Der OGH hat sich in seiner rezenten Entscheidung mit der Zulässigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern beschäftigt. Als Unternehmer gelten hierbei auch schon Privatpersonen, die mehr als 5 Bestandsobjekte vermieten. (vgl. RIS-Justiz: RS0065394) Konkret beanstandete das AMS in seiner Verbandsklage neben anderen Mietvertragsklauseln die Wertsicherungsklausel mit der Formulierung „Der Netto Mietzins von € [...] wird auf den vom österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 wertbezogen. Sollte dieser Index nicht verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht“. Der OGH entschied, dass diese Klausel nicht den Anforderungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) entspricht und somit unzulässig ist.

Denn zum einem bleibe es unklar, welcher Wertmesser für die Preisanpassung bei Wegfall des VPI zur Anwendung kommen solle, was eine Verletzung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG darstellt. Im Vertrag fehlen Kriterien dafür, welcher Index dem Verbraucherpreisindex am meisten entspreche und wer dies beurteile. In Folge dessen lasse die Wertsicherungsklausel bei kundenfeindlichster Auslegung eine einseitige Festlegung der Indexierung durch den Vermieter zu. § 6 Abs 1 Z 5 KschG setzt für eine Entgeltänderung neben einer sachlichen Rechtfertigung auch Zweiseitigkeit, Festlegung im Vertrag und Unabhängigkeit vom Willen des Unternehmer voraus. Die angeführte Wertsicherungsklausel erfülle gerade das Erfordernis der Unabhängigkeit vom Willen des Unternehmers nicht.

Zum anderen widerspreche diese Anpassungsklausel dem Transparenzgebot gemäß § 6 Abs 3 KschG. Der Klausel und dem Mietvertrag sei nicht zu entnehmen, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, welcher Index dem Verbraucherpreisindex „am meisten ent-pricht“ und wer dies beurteilen soll.

Letztendlich ergebe sich die Unwirksamkeit der Wertsicherungsvereinbarung, schon aus dem Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. Diese sieht vor, dass eine vertragliche Vereinbarung für einen Verbraucher nicht verbindlich ist, die eine Entgeltänderung innerhalb der ersten beiden Monate zulässt, wenn nicht im Einzelnen ausgehandelt. Das Verbot des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG sei auch für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen heranzuziehen, wenn bei kundenfeindlichster Auslegung schon innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte.


Die Entscheidung ist grundsätzlich für Wertsicherungsklauseln in sämtlichen Verbrauchergeschäften relevant. Zu beachten ist jedoch, dass der Gerichtshof die Wertsicherungsklausel im Lichte einer Verbandsklage beurteilte und somit das Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel anwandte. Die Beurteilung, ob eine solche Wertsicherungsklausel in einem konkreten Vertragsverhältnis (auch rückwirkend) unwirksam wird, steht noch aus und bleibt abzuwarten.

Als Orientierung für eine zulässige Formulierung einer Wertsicherungsklausel, kann die OGH Entscheidung aus dem Jahr 2019 herangezogen werden. In dieser hatte der OGH ausgesprochen, dass die Vereinbarung der Klausel „es wird die Wertbeständigkeit des Hauptmietzinses nach dem von Statistik Austria verlautbarten VPI 2010 oder dem an seine Stelle tretenden Index vereinbart“ rechtswirksam ist. Der Gerichtshof hat diese Wertanpassungsklausel als zulässig bewertet, da sie vom Willen des Unternehmers unabhängig ist. Um nach aktueller Rechtssprechung auch den Erfordernissen des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG zu genügen, wäre die Bestimmung noch dahingehend zu ergänzen, dass eine etwaige Änderung des Bestandzinses frühestens nach dem Ablauf von 2 Monaten ab Vertragsabschluss erfolgen kann.


FAZIT

Der OGH hat mit dieser Entscheidung für eine in einer Vielzahl von Verträgen verwendeten Wertsicherungsklauseln für nichtig erklärt, weshalb es ratsam ist bestehende Verträge einer neuerlichen Kontrolle zu unterziehen und allenfalls Änderungen zur Absicherung zu erwägen. Die Rechtsanwaltskanzlei Biel steht Ihnen hierbei gerne beratend zur Verfügung.

ree

 
 
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